Bernhard Köhl wurde im Jahre 1693 in Chur im Prixinerhaus geboren, wo seine Eltern zur Miete wohnten. Das Prixinerhaus hatte sein Urgrossvater, Torwächter Peter Köhl, 1646 gekauft und war seit dann im Besitz der Familie Köhl gewesen. Sein Vater war in Haldenstein als Pfarrer tätig. 2 Jahre später wurde seine Schwester Lydia Maria geboren. Nur 1 Jahr danach starb seine Mutter Anna Dorothea und lies den Vater mit den beiden kleinen Kindern alleine zurück. Als sein Grossvater, Bürgermeister Bernhard von Köhl (1624-†1700), starb, war Bernhard 7 Jahr alt. Seine ersten 12 Lebensjahre verbrachte Bernhard also in Chur und wuchs ohne Mutter auf. 1705 zog die kleine Familie vermutlich nach Untervaz, wo sein Vater nun als Pfarrer amtete.
Bernhard scheint schon früh eine militärische Karriere eingeschlagen zu haben, war Leutnant in Diensten des französischen Gesandten Dominique Bernardony und Hauptmann in Diensten des Erbstatthalters der Niederlande[3].
1719 wurde Bernhard in die Schuhmacherzunft aufgenommen, dürfte also bereits vorher in Chur gewohnt haben. Als Schustermeister und Mitglied der Schuhmacherzunft dürfte er auch ein eigenes Geschäft betrieben haben. Da er der einzige männliche Nachkomme seines Vaters war erbte er 1727 alle Liegenschaften seines Vater und kam so zu einem erheblichen Vermögen. Gemäss Steuerrodel von 1733 umfasste dies Hausteile an der Oberen Gasse und im Süessen Winkel sowie diverse Wiesen, Äcker und Weingärten sowie auch das Köhlsche Plessurgut. Zudem besass er auch diverse Schuldscheine. Seine Vermögenswerte beliefen sich auf 6900 Churer Gulden.
2 Jahre später heiratete er 36-jährig in Chur die 18-jährige Salome Janett (1711-†1758), Tochter des Hauptmann Sebastian Janett und der Ursula Pellizari. Hauptmann Sebastian Janett war 1710 bis 1736 Mitglied des Churer Profektengerichts[5]. Sein Sohn Peter war als Kind gestorben und Salome war nun das einzige Kind des Paares.
Das Paar wohnte 1733 im Wohnhaus an der Oberen Gasse. Dabei dürfte es sich um das Wohnhaus handeln, welches sein Grossvater Bernhard von Köhl (1624-†1700) - Bürgermeister und Bundespräsident gekauft hatte und seither im Besitz der Familie war.
Ehefrau: Salome Janett
Kinder: 12
Beruf: Hauptmann & Oberzunftmeister
Zunft: Schuhmacherzunft
1727 starb sein Vater in Untervaz. Da ein grosser Teil des Köhlschen Erbes noch in einer Erbengemeinschaft zusammengefasst war, wurde dieses nun neu aufgeteilt. Gemäss Steuerrodel 1729 wurde dieses wie folgt aufgeführt:
Total 176.62 Gulden. Erbberechtigt war also die 3 noch lebenden Kinder des Bernhard von Köhl, 15 Enkel und 1 verwitwete Ehefrau eines der Enkel.
Da Bernhard der einzige männliche Nachkomme seines Vaters war, erbte er 1727 einen grossen Teil der Vermögenswerte seines Vater und kam so zu einem erheblichen Vermögen. Gemäss Steuerrodel von 1733 umfasste dies Hausteile an der Oberen Gasse und im Süessen Winkel sowie diverse Wiesen, Äcker und Weingärten sowie auch das Köhlsche Plessurgut. Zudem besass er auch diverse Schuldscheine. Seine Vermögenswerte beliefen sich auf 6900 Churer Gulden.
Bernhard war nun einer der letzten männlichen Nachkommen des adligen Bürgermeister von Köhl. Noch lebte sein Onkel, Dr. Joseph Köhl, welcher aber keine Nachkommen hatte. Sein Cousin, Georg Köhl (39), scheint verheiratet gewesen zu sein, über männliche Nachkommen ist aber nichts bekannt. Mit Bernhard (34) wäre der Köhlsche Mannstamm wohl ausgestorben. Vielleicht war es der letzte Wunsch seines Vaters gewesen, vielleicht durfte er erst nach Heirat und vorhandener Nachkommen auf sein Erbe voll zugreifen – Bernhard entschloss sich eine Familie zu gründen.
Er dürfte um 1728 nach Chur gezogen zu sein (Er wird wieder in den Steuerbüchern der Stadt Chur aufgeführt) und heiratete 1729, 36 Jahre alt, in Chur die 18-jährige Salome Janett (1711–†1758), Tochter des Hauptmann Sebastian Janett und der Ursula Pellizari. Hauptmann Sebastian Janett war von 1710 bis 1736 Mitglied des Churer Profektengerichts und vertrat die Rebleutenzunft auch im Stadtgericht. Die Familie Janett wohnte im Haus Carolina beim Stochenbrunnen. Sebastians Sohn Peter war als Kind gestorben und Salome war danach das einzige Kind des Paares. Im gleich Jahr wurde sein Cousin und Oberzunftmeister Bernhard Cleric zum Ratsherr gewählt und Bernhard zur Wahl zum Oberzunftmeister vorgeschlagen. An seiner Stelle wurde jedoch sein Cousin Peter Reidt zum Oberzunftmeister gewählt.
Das Paar wohnte 1733 im Wohnhaus an der Oberen Gasse. Dabei dürfte es sich um das Praximerhaus handeln, welches sein Grossvater Bernhard von Köhl (1624–†1700) - Bürgermeister und Bundespräsident gekauft hatte und seither im Besitz der Familie war.
Bernhard war nun bereits seit 12 Jahren Zunftmeister der Schuhmacher gewesen und langsam die Hierarchie hochgestiegen. 1731 wurde er dann im zweiten Versuch zum Oberzunftmeister gewählt. Die Familie Köhl resp. gleich 3 Enkel des Bürgermeister Köhl waren nun in der Schuhmacherzunft in hohen Chargen aktiv: Cousin und Oberzunftmeister Peter Reidt, Cousin und Ratsherr Bernhard Cleric sowie Cousin, , welcher 1729 zum Zunftschreiber ernannt worden war. Das Amt des Oberzunftmeister führte er nun abwechslungsweise mit seinem Cousin, Peter Reidt aus, welcher aber bald zum Ratsherr aufstieg.
Als Oberzunftmeister amtete er auch als Vogt für Personen, die keine rechtlichen Befugnisse hatten. So erstellte 1732 er als Vogt von Anna Schwarz einen Kaufbrief. Dieses Dokument ist von ihm verfasst worden und wurde von der Kanzlei Chur besiegelt. Es ist dies das älteste bekannt Dokument von Bernhard Köhl.
1735 lies Oberzunftmeister Bernhard Köhl zudem die spanische Wand auf der Zunft von Schuhmachern neu erstellen[40]. Als Oberzunftmeister war er in Chur eine angesehene Persönlichkeit und hatte auch verschiedene politische Funktionen inne. So schickte der Bundespräsident (Grauer Bund) 1736 Bernhard als Churer Unterhändler nach Schuls (Scoul, Engadin) um Streitigkeiten zwischen den Familien Marni und Planta von Zernez zu schlichten[9]. Auch repräsentierte er die Stadt Chur bei diversen Anlässen wie Grenzsteinlegungen. Er wurde aber für keine wichtigen Ämter innerhalb der Churer Stadtverwaltung gewählt.
Im Februar 1737 starb sein Schwiegervater Hauptmann Sebastian Janett mit 59 Jahren. Die tüchtige Witwe Ursula Janett-Pellizari führte die Geschäfte ihres Mannes erfolgreich weiter und unterstützte ihre Tochter im Haushalt. Die Familie Köhl-Janett dürfte kurz nach dem Tod von Hauptmann Janett in das Haus der Familie Janett an der Storchengasse 17 (Haus Carolina) umgezogen sein. Gemäss Steuerbuch der Stadt Chur wohnte Bernhard 1727 im gleich Haus wie die Witwe Ursula Janett.
1738 starb seine Schwester Lydia Maria mit nur 43 Jahren. Sie war 2 Mal verheiratet gewesen, hatte ihre 2 Kinder früh verloren wie auch ihren ersten Mann, Stadtrat Johann Ulrich Bavier. Sie starb kurz nach der Hochzeit mit ihrem 2ten Mann, Dr. Peter von Reidt. Bernhard hatte nun keine Eltern und keine Geschwister mehr.
Doch er musste auch viele seiner Kinder zu Grabe tragen. Zwischen 1737 und 1739 starben 4 seiner Kinder, nur Ursula und Sebastian blieben dem trauernden Vater. Sein Töchterli Maria begrub die Familie im Köhlschen Baumgarten im Sand.
Vielleicht waren dies traurigen Verluste auch der Grund dass er 1739 seine militärische Karriere beendete. Für seine Dienste erhielt er vom französischen Gesandten Dominique Bernardony eine Pension von 10 Louis d`or zugesprochen. Dieser Betrag wurde halbjährlich bis an sein Lebensende ausbezahlt[51]. Dies würde heute etwa einer jährlichen Pension von 40’000 sFr. entsprechen.
Im gleichen Jahr kaufte sich auch Brunnenmeister Friedrich Köhl von Ratsherr Peter Martin Rascher eine Wohnung im gleichen Haus. Wohl kein Zufall da sich die beiden Famlien sehr nahe standen. Salome war die Taufpatin von Friedrichs erstem Kind gewesen, und Bernhard sollte dann 1740 ebenfalls Taufpate von Friedrichs Tochter Magdalena werden.
1743 wurde Bernhard zum Hauptmann der Zunftoffiziere ernannt und hatte dieses Amt 2 Jahre inne. Von 1749-1759 amtete er wieder als Oberzunftmeister, nun aber im Rang eines Hauptmann.
Mit seiner Frau Salome Janett hatte er 14 Kinder. Die Familie lebte in Chur bis 1736 an der Oberen Reichsgasse (Quartier II, Paradiesgasse 19), wo auch die ersten 4 Kinder geboren wurden. Danach zog die Familie in das Haus der Familie Janett beim Storchenbrunnen im Quartier III um. Mehrere der Kinder starben im zarten Kindesalter an den damals grassierenden Seuchen, was die Eltern mehrmals veranlasste, später geborenen Kindern die Taufnamen der früheren Söhne oder Töchter geben zu lassen. So kommt der Taufname Bernhard dreimal vor.
Kinder von Bernhard Köhl mit Salome Janett:
Bernhard beschäftigte in seinen landwirtschaftlichen Gütern mehrere Knechte und in seinem Haushalt mehrere Mägde. Insbesondere seine Frau benötigte Unterstützung um die grossen Kinderschar zu versorgen. Eine davon war die Magd Anna von Wald. Sie half mit im Haushalt, betreute die kleineren Kinder, erledigte Einkäufe, kochte.
Anna von Wald wurde 1728 als Tochter des Jan von Wald von Arosa und der Cathrina Dysch von Schiers in Chur geboren. Die Familie lebte als Beisässen in Chur. Anna war das älteste von 7 Kindern, wobei um diese Zeit vermutlich 4 davon bereits verstorben waren[51]. Sie arbeitete im Hause des Bernhard Köhl als Dienstmagd. Ihre Schwester arbeitete ebenfalls als Magd in Haldenstein, wie auch ihr Bruder, welcher in Diensten des Herrn Bülen stand. Eltern scheinen in Chur Umgebung gewohnt zu haben.
1758 starb seine Tochter Maria mit nur 17 Jahren. Und der nächste Schicksalsschlag folgte sogleich. Seine Frau Salome erkrankte und starb 1758, mit nur 47 Jahren und nur 3 Jahre nach der Geburt des letzten Kindes.
Ihre Mutter, Ursula Janett, lebte seit vielen Jahren im gleichen Haus und hatte ihre Tochter tatkräftig unterstützt. Die vermögende Witwe leitete nun den Haushalt und kümmerte sich um das Wohlergehen der Kinder. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt schon 70 Jahre alt gewesen sein müsste geschäftete sie gleichzeitig noch sehr erfolgreich. Die Dienstmägde Emerita Klotz und Anna von Wald betreuten die grosse Kinderschar und mussten den Verlust der Mutter so gut wie möglich ausgleichen. Keine leichte Aufgabe, da im Haus mit dem jüngsten Kind Christian (3) bis Maria (17) noch 7 Kinder im Köhlschen Haushalt wohnten. Vor allem die 5 Buben waren sehr frech zu ihnen und ärgerten sie oft[44].
Sein ältester Sohn Sebastian (24) wohnte ebenfalls noch bei seinem Vater und unterstützte diesen tatkräftig. Er war 1755 in die Rebleuten Zunft aufgenommen worden. Er stand bereits als Soldat in fremden Diensten und bekleidete schon den Rang eines Leutnants.
Was niemand wusste: Zwischen dem Hausherrn und der 37 Jahre jüngeren Magd Anna gab es mehr als nur ein Dienstverhältnis. Die beiden hatten eine heimliche Affäre. Anfangs 1759 schwängerte der Hausherr im Haus an der Storchengasse 17 seine Dienstmagd Anna. Die Schwangerschaft liess sich bald nicht mehr verheimlichen. Die Familie schien zu wissen was passiert war und wer der Vater des Kindes war. Ein uneheliches Kind des adligen und wohlhabenden Bernhard mit einer Magd – ein Skandal. Eine Eheschliessung der Beiden stand aus standes- und erbrechtlichen Gründen ausser Frage. Also wurde nach anderen Lösungen gesucht.
Anfangs Oktober 1759 fragte die verzweifelte Anna einen Verehrer, den Christian Nier, ob er sie heiraten wolle. Vermutlich wurde ihm, um die Sache zu erledigen, auch Geld angeboten (Was er aber abstritt). Nier war nicht bereit Anna zu heiraten. Anna lies in wissen: «Ich will dir ab den Augen gehen, ich will von hier weg für ein paar Jahr und an einen anderen Dienst. Hier kann ich nicht mehr bleiben. Es ist das Haus voll Kinder»[44]. So flüchtete die verzweifelte Magd eines Morgens aus dem Köhlschen Haushalt. Sie lief zum Rhein herunter, bestiegt ein Floss und fuhr mit diesem den Rhein hoch[44]. Wohin sie flüchtete ist nicht bekannt.
Am Samstag den 13. Oktober erfuhrAnnas Mutter dass sich ihre Tochter nicht mehr in Chur aufhielt. So reiste sie nach Chur und suchte in der ganzen Stadt nach ihrer Tochter. Ihr Arbeitgeben, Hauptmann Bernhard Köhl, gab an dass sie wohl der Kinder wegen davon gelaufen sei, «Die Buben werden sie erkäuft haben, eb seyen böse Buben»[44]. Annas Mutter erfuhr aber von einem Knecht des Herrn Fisacher dass ihre Tochter mit Flössern den Rhein hochgefahren sei. Wo sie ausgestiegen war wusste aber niemand. Annas Mutter sorgte sich sehr und meldete ihr Tochter als vermisst.
Am Sonntag 21. Oktober wurde sie und Nier vor dem Siebnergericht verhört. Das Gericht wollte alles zum Aufenthaltsort der Magd und zur Vaterschaft des Kindes erfahren. Ihre Mutter gab zu Protokoll dass in der Stadt gemunkelt wurde dass die Anna schwanger sei: «Wer es ihro gesagt habe? Alle, und ihre Hausleüt des Christen Mengen Weib selbsten, und des Friedrig Köhlen Weib habe ihro gesagt sie habe dieses der Tochter längstens angesehen».[44]
Aber nicht nur die Familie schien nun von der Schwangerschaft und der Vaterschaft des Bernhard zu wissen. Es war zu dieser Zeit üblich dass der Vater eines unehelichen Kindes als Strafe von öffentlichen Ämtern abgesetzt wurde. Dies schien hier auch der Fall zu sein: Bernhard wurde Ende 1759 unvermittelt als Oberzunftmeister der Schuhmacherzunft abgesetzt. Auch wurde ihm die Vormundschaft über die Kinder entzogen.
Das Stadtgericht empfahl Bernhard, wohl auf Druck der Familie, dass eine Drittperson sich um die Erbangelegenheiten kümmern solle. Er wollte wohl auch mit Anna zusammenbleiben, sie heiraten. Es wurde befürchtet dass er seinen Unterhaltspflichten nicht mehr nachkommen könnte. Am 28.1.1760 beschloss das Churer Stadtgericht: «In Anschung des Herr Hauptmann Köhlen ist erkannt dass der Herr Oberzunftmeister Jacob Walser solle zu ihm geschickt werden, nebst dem Herr Obrist Pfarrer und Herr Ratsherr Daniel Abiss welche dem Herr Köhl anzeigen sollen, das die Massa einen Vogt notwendig habe, und eine wohlwollende Oberheit zu beförderung seines und der Kinder wohlsein, keineswegs aber wolle man dadurch seine Person oder Vermögen bevogten»[45].
1 Hilfspfarrer.
2 Andreas Thürr (31.12.1717–†22.6.1764). Lehrer und Katechist Chur 1743–1764 und Maladers 1757–1764. Siehe STH.
Am 11. Februar 1760 wurde Simeon Köhl geboren. Die Taufe fand im gleichen Haus statt und wurde vom Diacon1 Andreas Thürr2 durchgeführt. Im Kirchregister von St. Regula wurde als Vater Hauptmann Bernhard Köhl, als Mutter Anna von Wald eingetragen. Im Register wurde vermerkt, dass es sich bei Simeon um ein illegitimes Kind ("nothus" lat. illegitim, unrichtig) handelt. Zusätzlich steht als Notiz: „S. Köhl 1758 Feb. 16.“ - Das Todesdatum von Salome Janett wird hier also erwähnt.
Sohn von Bernhard Köhl mit Anna von Wald:
Für die Familie Köhl eine schwierige Situation. Vater Bernhard Köhl war zu dieser Zeit bereits 67 Jahre alt und die Familie musste befürchten nun bald auch noch den Vater zu verlieren. Eine Heirat mit der Dienstmagd Anna kam für die Familie nicht in Frage. Andernfalls wäre Anna nicht nur die Hausherrin sondern auch die Erbin des grossen Vermögens geworden.
Am 23. April 1760 eskaliert die Situation: «das Herr Hauptmann und Oberzunftmeister Köhl gestern Abends sich von seine habe weg begeben wollen, um mit seiner Beischläferin die unerlaubten Absichten ungehindert vollführen zu können, da aber dieses unternehmen durch einen besondere Schickung entdeckt wurde, so habe man dies gehindert. Es stehe dennoch zu besorgen, die diesmal hintertrieben erlugt möchten von ihme in kürzem zum grössen Nachteil der armen Kinder vollführt werden, indem er nicht nur die Capitalien zu Untervaz eingezogen, sondern auch alle Silbergeschirre einsteckt habe, danachen machen sie da wehmütige anstuhen, einfach und wohlweisse oberkeit wollte für das beste der armen Kinder sorgen, und dem Herr Hauptmann Köhl solche Schranken setzen»[45].
Bernhard Köhl wollte mit Geld und Silbergeschirr im Gepäck zusammen mit seiner Geliebten Chur verlassen. Die Flucht wurde vereitelt, Bernhard erhielt Hausarrest. Das Stadtgericht sorgte sich um die armen Kinder und verfügte dass alle Wertgegenständer verwahrt und das Vermögen durch einen Anwalt verwaltet werden soll. Bernhard Köhl wurde entmündigt. Er wurde verpflichtet die Vermögenswerte zusammenzustellen und schriftlich festzulegen wer was erhalten sollte. Anna von Wald wurde aufgefordert innert 24 Stunden die Stadt zu verlassen, ihr wurde jeglicher Kontakt zu Bernhard untersagt: «der Anna Wald die aber intimier worden, das sie sich innert 24 Stunden aus unseren Grenzen wegbegeben und welche durch sich selbst noch weder mit dem Herr Hauptmann Köhl Corespondenz zu führen solle»[45].
Bernhard Köhl verfasste im Juni 1760 wie gefordert einen Vorschlag. Er war bereit einen Drittel seiner Vermögenswerte seinen Kindern zu überschreiben. Er bat dass die Erbsache seiner verstorbenen Frau bald erledigt werde. Er beklagt sich auch über die Einmischung seiner Schwiegermutter, Ursula Janett: «Es kann kein Besuch zu mir kommen ohne sogleich befeindet zu werden und mir mit dem Ohren an der Stuben hier zu sein. Ich könnte gar wol die Thür und Fenster darinen offen lasse wann nicht diese Madamme - ich meihen Frau Hauptmann Janett etc – ganze struktur treu und aussertandiges mir ohnerträglich were»[46], ordnet aber an das sie sich vollumfänglich um die Kinder kümmern und dafür auch entschädigt werden soll. Er leidet unter der Situation im Haus, klagt dass er es nicht mehr aushalte und ausziehen möchte: «Ich versichere Euer W[ei]sh[eit] vnd Gnaden, daß ich in diesem Hauß ohnmöglich länger verbleiben kann, wann ich nicht schaden an Leib vnd Seel nemmen will»[46] Dies schreibt er mit zittriger Hand nieder – seine Erkrankung schien ihn bereits stark zu beeinträchtigen.
Die Auseinandersetzung zwischen Bernhard und seiner Familie dauerten noch an, er versuchte weiterhin Vermögenswerte zu verstecken, was das Gericht zu verhindern versuchte: «Dass der Herr Hauptmann Köhl schuldig sein soll dem Herrn Johann von Salis die von Herrn Hauptmann Abundi Schwarz anverlangten Bücher auszuhändigen, wobei dem Herr Ratsherr Abundi Schwarz ein Monat Zeit anberaumt wird, die erforderlichen Einsicht zu nehmen».[45]
Hier Enden die Einträge des Stadtgerichts. Die Parteien scheinen sich geeinigt zu haben und ein Teil seines Vermögens wurde an die Kinder überschrieben. Am 5.11.1760 wählte die Schuhmacherzunft den Zunftmeister Johannes Rascher als neuen Oberzunftmeister. Bernhard wurde nun nach 31 Jahren durch einen neuen Oberzunftmeister ersetzt.
Gemäss einem Schreiben vom 16. März 1798 scheint Bernhard Köhl der Anna von Wald die Ehe förmlich versprochen zu haben. Doch es sollte zu keiner priesterlichen Segnung und Hochzeit kommen.[55] In der Chronik des Zunftschreiber Johann Anton Terz notierte dieser: «Da er 3 Jahr lang gäntz Contract an Händen und Füosen ohne einihe vegung hat liegen müssen, und ihm auch pflechen müssen als wie ein junges Kind».[55] Als Kontraktur (lateinisch contrahere ‚zusammenziehen‘) wird eine weichteilbedingte Funktionseinschränkung von Gelenken bezeichnet. Sie entsteht durch die „Verkürzung“ umliegender Muskeln, Sehnen, Bänder und Faszien. Die betroffenen Gelenke lassen sich auch passiv kaum oder gar nicht über den Funktionsverlust bewegen. Bernhard dürfte also schon seit 1759 daran erkrankt und immer mehr davon eingeschränkt gewesen sein.
Die Stadtverwaltung bewilligte Bernhard im März 1761 eine Empfehlung um nach Herisau zu reisen. Vermutlich wollte er dort seine Erkrankung behandeln lassen. Bernhard starb am 15. April 1762 in Chur. Sein Cousin Johann Antoni Terz vermerkte: «1762, den 15. Aprilla, ist der Herr Vetter Oberzunftmeister und Hauptmann Bernhardt Köhl in dem 69. Jahr seines alters gestorben. Da er 3 Jahr lang gäntz Contract an Händen und Füosen ohne einihe vegung hat liegen müssen, und ihm auch pflechen müssen als wie ein junges Kind, und daraus den 16 April begraben worden. Gott verleihe ihm nun Seelige aus erstäntnuss, und uns allen eine Seelige nachfahrt, und hatt ihm die Leicht Predig gehalten ihre wohl ehrwürd Herr Daniel Filyer und Text gehabt im Evangelium Matey am 8 Capitel 9 Vers. NB: Seine Frau selig ist anno 1758 16. Horung gestorben. Sind also 4 Jahr und 2 Monat von einanderen gestorben.»[50]
Bernhard lies mehrere minderjährige Kinder als Vollwaisen und ein uneheliches Kind zurück. Anna von Wald blieb nach dem Tod von Bernhard in Chur und arbeitete vermutlich als Magd in einem anderen Haushalt. Allenfalls hatte sie Geld vom verstorbenen Bernhard erhalten oder erhielt finanzielle Unterstützung durch die Familie Köhl. Anna von Wald starb 1796 mit 68 Jahren in Chur. Da sie bei ihrem Tode ihren Mädchennamen trug scheint sie nie geheiratet zu haben.
Die minderjährigen oder unverheirateten Kinder wie auch ihre Grossmutter, Ursula Janett, wurden nach dem Tod des Vaters einem Vogt, Zunftmeister Raget Bawier1, unterstellt. Die Kinder und die streitbare Grossmutter waren gelegentlich mit seinen Entscheidungen nicht einverstanden , weshalb der Stadtrat diese zu mehr Respekt gegenüber ihrem Vogt aufforderte. Ursula Janett starb im Oktober 1769 mit 85 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt wohnten vermutlich nur noch Peter (21), Salome (17) und Christian (14) im Haus an der Storchengasse. Tochter Ursula (39) war verwitwet und hatte 6 Kinder, Sohn Sebastian (35) war verheiratet und hatte 2 Kinder, Sohn Bernhard (30) war als Soldat nach Frankreich gezogen, Sohn Julius (25) war unverheiratet und arbeitete als Heilkundiger, Sohn Joseph (24) hatte geheiratet und war Churer Stadtwachtmeister. Der uneheliche Simeon lebte vermutlich bei seiner Mutter Anna von Wald.
Salome Köhl heiratete 1771 den Podestà Cornelius Compagnon und verlies das Haus Carolina. So kam es dass 1772 Stadtwachtmeister Joseph Köhl die Wohnung im Haus Carolina an Mark Jöri verkaufte. Von 1737 bis 1772 hatte hier an der Storchengasse die Familie Köhl-Janett gewohnt. 11 Kinder waren hier geboren worden, viele auch hier gestorben. Der der Zusammenhalt unter den Geschwistern scheint auch nach dem Tod ihrer Eltern sehr gut gewesen zu sein. Bei der Geburt der Nachkommen trugen sich oft Brüder und Schwester als Taufzeugen ein.
Nach Aussage des Genealogen Anton Hercules Sprecher von Bernegg[3] von 1846 soll nur dessen Sohn Kommandant Sebastian von Köhl (1734-†1781) den Mannesstamm weitergegeben haben. Meine Recherchen haben aber gezeigt dass dies nicht zutrifft. Mehrere seiner Kinder hatten Nachkommen, welche aber alle sehr früh und ohne weitere männlichen Nachkommen starben. 1846 waren dann aus der Abstammungsline des adligen Bürgermeister Bernhard von Köhl (1624-†1700) tatsächlich nur noch erbberechtigte Söhne des Sebastian von Köhl am Leben. Dieser Mannesstamm erlischt aber Anfangs des 20ten Jahrhundert. Lediglich ein Nachkomme aus dieser Abstammungsline, jener des unehelichen und daher nicht erbberechtigten Kindes Simeon Köhl (1760-†1845) hat männliche Nachkommen bis in unsere Zeit.
Raget Bavier (6.3.1732–†23.4.1805), Dr. Jur. Ratsherr. Zu dieser Zeit Zunftmeister. Siehe SBAV.
Quellen:
3: Sammlung Rätischer Geschlechter, Sprecher von Bernegg, Anton Hercules, 1847
5: Geschichte des Churer Stadtrates 1422-1922, Valèr Michael, 1922, RL39
9: Historisches Lexikon der Schweiz, Jürg Simonett , 2020
42: Aus der Chronik von Pfarrer Terz in Chur, F. Pieth, 1903
43: Urkunde Pension Bernhard Köhl, Dominique Bernardony, 1739, StAGR QR 2/II B966
44: Verhör des Christian Nier, Stadtrat Chur, 1759, StadtAC A II/2.0415
45: Verhandlung Stadtgericht Chur in Sache Bernhard Köhl, Stadtgericht Chur, 1760, StadtAC AB III P01 029
46: Einlage Bernhard Köhl an das Stadtgericht Chur, Stadtgericht Chur, 1760, StadtAC RA 1760.014
47: Brief des Simeon Köhl an den Amtsbürgermeister , Simeon Köhl, 1798, StadtAC Z 45.11]:S. 69-72/Nr. 633
50: Chronik des Zunftschreiber Johann Antoni Terz, Johann Antoni Terz, 1727-1763, StadtAC N159.020,S5-100,