Christian Köhl, verh. 1908 mit Rosa Paulina Stemmer (1878-1962)
Sohn des Christian Köhl-Riedi (1837-1922)
Köhl Christian wurde am 13. April 1875 im Armenheim Totengut in Chur geboren und verbrachte dort seine ersten 4 Lebensjahre. Da sein Vater die Anstellung als Aufseher im Totengut kündigte zog die Familie an die Rabengasse in Chur um. Christian verbrachte dort im etwas verlotterten Haus «Zur Turteltaube», mitten in der Altstadt, seine Jugendzeit. Er ging in Chur zur Schule und erlernte in der Möbelfabrik von Gustav Gmelin, dem Ehemann seiner Schwester Ursula Köhl, an der Sägenstrasse 73 den Beruf des Schreiners Christian wohnte während seiner Lehrzeit im Wohnhaus seiner Schwester Ursula, gleich neben der Möbelfabrik.
Als 15-Jähriger verliess er 1890 Chur und begann mit seinen Wanderungen. Als Schreinergeselle arbeitete er ausserhalb von Chur, kehrt erst 2 Jahre später wieder nach Chur zurück und wohnte wieder im Elternhaus. Christian arbeitete wieder einige Zeit ausserhalb von Chur. Er fand dann aber eine feste Anstellung in der Werkstätte der SBB Chur. 1908 heiratete er in Chur die aus Pfäfers stammende Schneiderin Rosa Paulina Stemmer (11.11.1878–4.8.1962), Tochter von Paul Stemmer (9.7.1846–?) und Luisa Jäger (17.12.1849–29.3.1922).
Die Kinder des Christian Köhl mit Rosa Paulina Stemmer:
Weiteres Kind der Rosa Paulina Stemmer:
Die beiden bezogen eine bescheidene, günstige Mietwohnung am Calunaweg 2 im Lürlibad. Rosa Paulina war bereits schwanger und so kam Mitte 1908 ihre Tochter Elisabeth Rosina zur Welt. Der erstgeborene Sohn trug nach Familientradition den Namen des Vaters und Grossvaters. Da Rosa erneut schwanger wurde zog die Familie in eine grössere Wohnung im Haus 632a an der Loestrasse. Hier wurden Simon Paul und Meta geboren.
Im Juli 1912 kaufte Christian von August Schär ein im Araschgen-Malixergebiet gelegenes altes Walserhaus, bestehend aus Baumgarten und Ackerland im Riedwiesli mit darauf erbautem Hause und 2 Ställen, Nahe des Bergbaches Rabiusa und der Churer Stadtgrenze[100]. Das Grundstück umfasste 19695 m² und lag direkt am Weg von Araschgen nach Mailx-Kreuz.Er, seine Ehefrau Rosa Paulina und die vier kleinen Kinder verliessen Chur und zogen nach Araschgen. Bei ihnen wohnte auch seine Nichte Maria Elisabeth Rungger, welche gerade die Schule abgeschlossen hatte und im Kurhaus in Passugg eine Lehre begonnen hatte. Da Christian weiterhin in der SBB Werkstätte arbeitete, pendelte er jeden Tag zwischen Chur und Araschgen.
Die Kinder verbrachten hier nun ihre glücklichen Jugendjahre und besuchten Kindergarten und Schule oberhalb des Kurhauses. Im August 1914 ordnete der Bundesrat die allgemeine Mobilmachung an. Auch Christian musste seinen Tornister packen und einrücken. Er war vermutlich auf der Festung St. Luzisteig stationiert. Auch die Frauen sollten sich nützlich machen: «An die Nähmaschinen», hiess es 1914. Rosa als ausgebildete Näherin wurde musste sicher für die Wehrmänner Uniformen schneidern.
Noch vor dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die junge Familie von einem schweren Schicksalsschlag getroffen. Am 2. Januar 1917 starb Christian unerwartet zu Chur im Stadtspital an den Folgen eines Beckenabszesses und wurde am 5. Januar auf dem Daleu Friedhof beigesetzt. Es ist nicht bekannt, ob er zu dieser Zeit aktiv im Dienst stand oder in der SBB-Werkstatt arbeitete.
Seine Witwe Rosa Paulina blieb mit ihren vier Kindern Elsi (9), Christian (8), Simon Paul (7) und Meta (6) mittellos zurück. Da Rosa Churer Bürgerin war, unterstütze die Stadt Chur die Witwe mit etwas Geld, auch wurde ihr Ingenieur Haltmeier als Vormund zur Seite gestellt. Da das Haus in Araschgen stark mit Hypotheken belastet war, versuchte Rosa das Haus zu verkaufen, was ihr aber nicht gelang. Rosa schien zudem mit der Situation überfordert zu sein. Sie vernachlässigte die Kinder, begann eine verhängnisvolle Affäre mit dem Gelegenheitsarbeiter Julius Schaub und wurde erneut schwanger.
Ein Bekannter der Familie Köhl, Ratsherr Saluz, berichtete nun der Vormundschaftsbehörde: «dass es Frau Köhl an der nötigen Aufsicht ihrer Kinder und überhaupt an einer einigermassen ordentlichen Erziehung fehlen lässt». Die Behörden griffen nun ein und platzierten neun Monate nach dem Tod des Vaters die beiden Söhne Christian und Simon Paul in das Waisenhaus in Masans. Die beiden Töchter Meta und Elsi wurden kurze Zeit später ins Kinderheim in Masans eingewiesen werden. Da Rosa Paulina wieder schwanger geworden war und der Vater als Hilfsarbeiter nicht in der Lage war die Mutter zu unterstützen, geriet Rosa Paulina in finanzielle Not. Sie konnte die Kosten für das Haus nicht mehr tragen, andererseits wollte sie wieder nach Chur zurück um ihren Kindern näher zu sein. So zog Rosa Paulina in eine kleine Wohnung an der Lürlibadstrasse 26 in Chur. Das Haus in Malix wurde nicht verkauft. Allenfalls wohnte die Familie Köhl-Rungger weiter im Haus.
Rosa Paulina gebar 1918 nochmals eine Tochter, Luise Köhl. Der Kindsvater sicherte zwar Unterstützung zu, oft reichte das Geld aber nicht und die Stadt Chur musste die alleinerziehende Mutter unterstützen. Mit Schneiderarbeiten für das Zeughaus und die Kaserne konnte sie ihre Rente aufbessern und knapp für sich selber sorgen. Rosa Paulina wohnte mit ihrem Kind acht Jahre am Kupferschmiedeweg 25, konnte oft mit ihrem kargen Einkommen als Schneiderin die Miete nicht bezahlen.
1927 gab es gleich mehrere Veränderungen. Nichte Maria Elisabeth Rungger heiratete Michel Heinrich, meldete sich in Chur ab und zog zu ihrem Ehemann. Elsi und Meta zogen nach Rapperswil resp. ins Engadin. So entschied sich die Familie das Walserhäuslein in Araschgen zu verkaufen. Rosa kündigte ihre Wohnung am Kupferschmiedeweg und zog Ende 1927 in eine etwas grössere Wohnung an der Reichsgasse 52. Ihre inzwischen erwachsenen Kinder besuchten sie oft, wohnten zwischendurch auch bei ihr.
Am 12. Mai 1928, elf Jahre nach Christians Tod, wurde das Haus in Araschgen für 5´000.-- an Albert Berger von Maladers verkauft.Die Erbengemeinschaft bestand aus Rosa Paulina und ihren vier Kindern, vertreten durch Gustav Adolf Gmelin (Vormund der vier Kinder) und Beistand Christian Nell (Rosa Paulin).1
Die Hintergründe für den Verkauf sind nicht bekannt. Nichte Maria Elisabeth Rungger wohnte ja nicht mehr in Chur. Christians Bruder Peter war zwei Monate zuvor gestorben, und seine Schwester Ursula war erkrankt und sollte auch bald sterben. Seine beiden Töchter waren ins Unterland gezogen, und die beiden Söhne wohnten noch im Waisenhaus.
1932 zog Rosa Paulina ins Welschdörfli und später in eine Wohnung an der Gürtelstrasse 47. Sie arbeitete weiter als Schneiderin und konnte davon gut leben. Besonders in den Kriegsjahren flickte sie Uniformen und andere Kleidungsstücke für das Zeughaus in Chur. Ihre Enkel halfen ihr oft den voll bepackten Leiterwagen zu ziehen. Rosa Paulina heiratete nicht mehr und lebte alleine bis zu Ihrem Tod im August 1962 in ihrem Heim an der Gürtelstrasse 47 in Chur. Rosa Paulina ist ihren Enkeln in guter Erinnerung geblieben.
Quellen:
100: Kaufprotokolle Gemeinde Malix, Bauamt Valbella, 1812/28, E Nr. 66 S61-62/F Nr. 109 S112-113
1 StadtAC, AB II/P 72.50.7: Protokolle Armenkommission, 1918–1919, S. 321, 358, 381, 394, 399–400.
2: StadtAC, Einwohnerregister, Film005, 2322.
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