Nach verschiedenen Quellen stammt die in Bergün eingebürgerte Familie Köhl von Johannes Köhl de Rogister ab. Mehrere Mitglieder dieser Familie haben in Chur nachhaltig Einfluss genommen. Einige sollen hier erwähnt sein.
Der Bergüner (Friedrich) Hartmann Köhl (1780 in Bergün–1849 in Chur), Sohn vom Bergüner Bürger Jodocus Köhl, wanderte 1800 nach Deutschland und später nach Odessa aus.
Die erst 1794 gegründete Stadt Odessa am Schwarzen Meer entwickelte sich in der ersten Hälfte des vorletzten Jahrhunderts zu einem der bedeutendsten Freihäfen des zaristischen Russland. Bald erkannten unsere Landsleute die Erfolgschancen und die Erwerbsmöglichkeiten in dieser neuen Stadt.
Um 1822 errichteten fünf Laviner und Hartmann Köhl die Conditorei Köhl, Bonornd & Co, eine Filiale ihrer kurz zuvor eröffneten Konditorei in Abo (heute Turku/Finnland). Die Filiale in Odessa wurde von Hartmann übernommen. 1832 wurde ein Kaffeekiosk mit Billard und Kegelbahn im Botanischen Garten angegliedert. Drei Jahre später verkaufte Köhl seinen Anteil an Bonorand für 23'830 Rubel und eröffnete ein Geschäft auf eigene Rechnung.
Hartmann Köhl, verheiratet mit Maria Schatz (1791–1851), unterhielt das Café im alten Theater sowie einen im Sommer stark besuchten Pavillon am Primorski-Boulevard, an der Freitreppe beim Richelieu-Denkmal.4 Das Paar hatte insgesamt sechs Kinder, von denen aber nur zwei Kinder das Erwachsenenalter erreichten. Drei Kinder starben vor dem ersten Lebensjahr. Hartmann Köhl kehrte 1843 mit seiner Ehefrau nach Chur zurück und starb 1849 mit 68 Jahren in Chur. Seine Ehefrau Maria starb 1851, ebenfalls in Chur.
Hartmann Köhl (StadtAC, Nachlass Anita Köhl, N191)
Friedrich Hermann Köhl, der Sohn von , geboren in Odessa, absolvierte eine Lehre als Patissier in Genf und übernahm aber dem Tod seines Vaters 1849 dessen Geschäfte. Er betrieb neben dem Café-Restaurant im alten Theater auch ein Gartenrestaurant am Primorski Bulwar. 1850 übernahm er als Direktor das Hotel Europa im Zentrum der Stadt.
Seine erste Ehefrau, die Bergünerin Emilia Pedolin1, starb nach der Geburt des Sohnes Emil. Friedrich Hermann Köhl wurde mit 50 Jahren nochmals Vater und heiratete 1878 die Französin Fanny Luise Julie Dupuis aus Le Sentier. Er kehrte 1892 nach Chur zurück und verbrachte dort seinen Lebensabend. Hermann Köhl hatte aus beiden Ehen vier Kinder.
Seine beiden Söhne sollten einen nachhaltigen Einfluss auf das Gesundheitswesen und die kulturelle Entwicklung in Chur haben. Auch seine Tochter Sina Köhl (1855–1926) war sportlich sehr aktiv und förderte den Frauensport in Chur.
1880, Hotel d'Europe in Odessa (StadtAC, Nachlass Anita Köhl, N191)
1880, Restaurant-Konditorei Köhl im alten Theater von Odessa (StadtAC, Nachlass Anita Köhl, N191)
Karl Köhl kam in Odessa zur Welt. Wenige Wochen nach der Geburt erblindete Karl Köhl. Zwei Jahre später starb seine Mutter kurz nach der Geburt des Bruders Emil Köhl. Er kehrte 1862 nach Chur zurück und verbrachte dort auch seine Kindheit. Später studierte Karl Orgel am Konservatorium in Stuttgart, in der Klasse von Immanuel Faisst. 1876 kehrte er wiederum nach Chur zurück und wirkte 42 Jahre lang in Chur als Organist und Kirchenchorleiter, als Veranstalter von Konzerten und als Komponist. Er war Organisator und Mitwirkender bei vielen Konzerten, z. B. der musikalischen Abendfeiern während des Ersten Weltkrieges. Zudem komponierte er Chorwerke, Lieder und Klavierstücke.
Karl Köhl 1905 erbaute, gemeinsam mit seiner wohlhabenden Ehefrau Emilia Bertha Ernst2, die Jugendstilvilla Elkana in Chur. Die Stadt Chur verlieh ihm 1909 in Anerkennung seiner Verdienste die Ehrenbürgerschaft. Das Paar hatte keine Nachkommen.
Sein Urgrossneffe Carlo Köhl (1968) ist Klavierlehrer und hat Kompositionen von Karl Köhl zusammen mit Jeannine Camenzind (Sopran) und Matthias Müller (Bariton) auf CD eingespielt (ict-Atelier, Chur, 2014)
Der Organist Karl Köhl (StadtAC, Nachlass Anita Köhl, N191)
Dr. med. Emil Köhl kam 1857 in Odessa als Sohn des Friedrich Hermann Köhl und der Emilia Pedolin zur Welt. Emil wuchs wie seine Geschwister in Chur auf. 1890 heiratete am Ursulina Baumgartner1. 1893 liess er sich in Chur nieder und wurde im gleichen Jahr Chefarzt im Stadtspital zur Biene (am heutigen Bienenweg).
Am 24. Oktober 1892 wurde der «Bündner Samariterverein» als Rotkreuz-Zweigverein in Chur gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch Dr. Emil Köhl. Emil setzte sich für weitere öffentliche Projekte ein wie z. B. das Schwimmbad im Sand und den Frauenturnverein.
Von 1893 bis 1922, während der Zeit der ersten grossen Fortschritte der Chirurgie, war Dr. Emil Köhl als Chefarzt am Stadtspital tätig und erwarb sich im ganzen Kanton und darüber hinaus ein hohes Ansehen. Nach einem weiteren Ausbau gab er diesem ein eigenes Gepräge und stellte es in die Reihe der besten Spitäler der damaligen Zeit, sodass es als Regionalspital rasch an Ansehen und Bedeutung gewann.2
Emil war auch als Hausarzt in seiner Praxis an der Engadinerstrasse tätig. Er war Vater von fünf Kindern. Seine drei Söhne studierten. Hermann machte sich als Arzt einen Namen, Willi war als Jurist tätig und Toni war Chemiker. Seine Tochter Margrith starb mit zwei Jahren, eine weitere Tochter, Helena, blieb unverheiratet und kinderlos.
Dr. med Emil Köhl (StadtAC, Nachlass Anita Köhl, N191)
Nachhaltig war auch das Wirken von Dr. Hermann Köhl, der wie sein Vater als beeindruckende Arztpersönlichkeit das Vertrauen seiner Kollegen und seiner Patienten genoss und bis zur Eröffnung des Kantonsspitals im Jahr 1941 die Leitung im Stadtspital innehatte.
Er war auch Abschnitts-Arzt und Hauptmann der Sanität und hatte eine Privatpraxis an der Engadinstrasse. Er war zusammen mit seinem Vater Mitbegründer der Badeanstalt Sand. Hermann leitete während der letzten grossen Pandemie (siehe auch «») mit seinen Vater Emil das Notspital in Chur, welches in der Frauenschule untergebracht wurde.1
Hermann Köhl hatte mit seiner Ehefrau Meta Caflisch drei Kinder, welche alle heirateten und Nachkommen hatten.
Dr. med. Köhl Hermann (StadtAC, Nachlass Anita Köhl, N191)