Johann Antoni Terz (1688-†1764) – Zunftschreiber und Chronist

Johann Antoni Terz wurde im Januar 1688 als Sohn des David Terz und der Elisabeth Köhl in Chur geboren. Als sein Grossvater, Bürgermeister Bernhard Köhl, starb war Johann Antoni 12 Jahre alt und begleitete als einer von über 18 Enkeln den Trauerzug zu dessen Ehren. Er wuchs vermutlich im Haus an der Oberen Gasse/Paradiesgasse auf, in welchen die Familien Köhl/Terz Hausanteile besassen. Mehrere Tanten, Onkel und Cousins wohnten im gleichen Haus. 1703, Johann Antoni wir 15 Jahr alt, zog die Familie Terz um, in das Haus «zum weisen Ochsen» gelegen beim Ochsenbrunnen. Seine Eltern betrieben dort eine Gastwirtschaft, vielleicht schon vor 1703. Johann Antoni dürfte schon in frühen Jahren im Gasthaus mitgearbeitet haben. Johann Antoni wurde, wie sein Grossvater und Vater, 1715 stolzes Mitglied der Schuhmachzunft.

Ehefrauen: Anna Maria Schwarz, Madlena Beeli, Johanna Heim
Kinder: 11
Beruf: Zunftschreiber, Wirt
Zunft: Schuhmacher

Seine erste Ehe

Um 1709 heiratete er Anna Maria Schwarz (1687–†1713), älteste Tochter von Landammann Georg Schwarz (1661–†1729) und der Sereina Pitzarda (1665–†1735). Ein Sohn namens David wurde kurz danach geboren. Seine Tante Anna Maria Pitzarda-Köhl, Stiefmutter von obiger Sereina Pitzarda, war Taufzeugin. Der Knabe starb aber nach wenigen Monaten. Kurz darauf wurde Tochter Elisabeth geboren. Sein Onkel Joseph Köhl war Taufzeuge, wie auch Maria Sprecher, geborne Terz und Fida Schwarz, die Ehefrau von Bürgermeister Otto Schwarz. Doch das neu Glück währte nicht lange. Seine Ehefrau starb, betrauert von ihrer grossen Familie, im Juni 1713 mit nur 26 Jahren.

Kind des Johann Antoni Terz und der Anna Maria Schwarz:

  1. David Terz (1710–†1711), starb in ihrem 1ten Lebensjahr.
  2. Elisabeth Terz (1711–†nach 1737), mindestens 26 Jahre alt.

Die Familie Schwarz sollte im weiteren Leben von Johann Antoni eine wichtige Rolle spielen. Einige der Brüder von Anna Maria Schwarz sollten in den Churer Zünften wichtige Ämter inne halten. Georg Caleb Schwarz (1692–†1746), Schmiedezunft, war Zunftschreiber, Podestà, Oberzunftmeister 1730–1746. Sein Bruder war Abundi Schwarz (1697–†1764), Schneiderzunft, war Stadthauptmann, Stadtschreiber, Oberzunftmeister 1746–1756 und Ratsherr 1757–1764. Johann Antoni widmet ihnen und ihren Familie in seinem Familienbuch viele Einträge und blieb auch nach dem Tod seiner Frau mit der Familie Schwarz eng verbunden. Die Grosseltern dürften sich sicher auch um ihre Enkeltochter Elisabeth gekümmert haben.

Kurz nach dem Tod seiner ersten Frau heirate Johann Antoni erneut. Madlena Beeli von Belfort (1690–†1720), Tochter von Oberst Conradin Beeli von Belfort (1639–†1712). Conradin Beeli von Belfort, aus der Linie Fideris, war Oberst im Regiment Capol in holländischen Diensten und wurde als Brigadier im Dienste Zürichs im 2. Villmergerkrieg auf einem Rekognoszierungsritt bei Ottenbach getötet. Madlena stammte also aus adligem und wohlhabenden Hause und hatte kurz zuvor ihren Vater verloren. Madlena hatte noch 2 Brüder, Arnold Zacharias und Conradin Beeli von Belfort, beide wie ihr Vater auch Söldner in fremden Diensten.

Seine Eltern dürften schon vorher die Gastwirtschaft ihrem Sohn übergeben haben und wieder in das Haus am Paradies umgezogen sein. 1714 wurde sein Sohn David geboren. Bei seiner Taufe waren wiederum namhafte Persönlichkeiten anwesend: Bundspräsident Herkules von Salis, Ratsherr Johann Baptista von Tscharner, Elisabeth Beeli von Belfort und Maria von Sprecher geb. Terz. Auch 1716, bei der Geburt seiner Tochter Veronica, waren wieder bekannte Personen anwesend: Ratsherr Gabriel Fries, Vicari Otto Schwarz, Apollonia Raschèr, Anna Kathrina Köhl (seine Tante) und wiederum Maria Terz, Witwe von Major Andreas Sprecher von Bernegg. Veronica starb aber bereits im ersten Lebensjahr, wohl an einer der Kinderkrankheiten, die wie jedes Jahr wieder viele Opfer forderten.

Kinder des Johann Antoni Terz mit Magdalena Beeli:

  • David Terz (1714–†1738). Wird 1733 in David Terzens Testament erwähnt. Keine weiteren Angaben gefunden.
  • Veronica Terz (1716–†1717), starb in ihrem 1ten Lebensjahr.

Johann Antoni wohnte mit seiner Frau, dem gemeinsamen Sohn David und seiner Tochter Elisabeth aus erster Ehe im Weissen Ochsen. 1715 wurde Johann Antoni in die Schuhmacherzunft aufgenommen und dürfte ab dann wohl auch das Gasthaus zum Weissen Ochsen von seinem Vater übernommen haben.

Der Tod seiner zweiten Frau

Am Donnerstag den 27. Februar 1720 um fünf Uhr brach seine Frau Madlena bei der Arbeit im Keller des Wohnhauses zusammen und klagte über starke Kopfschmerzen. Das Gasthaus begann sich zu füllen, die Gäste waren durstig, und in Tochter Elisabeth lag mit Fieber im Bett. Johann Antoni sagte den Anwesenden, Cousin Antoni Cleric und Knecht Sebastian Gerber, dass sie dies schon öfters gehabt habe, sich jeweils nach 1–2 Stunden wieder erholt hatte und ordnete an sie ruhen zu lassen. Die Gaststube war gut besetzt und so bemerkte Johann Antoni erst nach einiger Zeit das seiner Frau nicht wie erwartet wieder aus dem Keller hoch gekommen war. Madlenas Zustand hatte sich nicht verbessert, so trugen Johann Antoni, sein Knecht Sebastian und sein Cousin Antoni Cleric die bewusstlose Frau auf ihr Zimmer und legten sie in ihr Bett. Keiner schien sich dem Ernst der Lage bewusst zu sein.

Johann Antoni bediente seine Gäste im Wirtshaus und bat 1 Stunde später seinen Cousin Antoni nochmals nach seiner Frau zu sehen. Madlena war inzwischen nicht mehr ansprechbar. Nun erst merkte Antoni dass es seiner Frau sehr schlecht ging und er die Lage falsch eingeschätzt hatte. Er lies sofort seinen Onkel, Dr. Joseph Köhl, rufen und informierte seine Familie und Verwandte. Als Dr. Joseph Köhl eintraf konnte er nur noch den Tod von Johann Antonis Frau feststellen. Innert 3 Stunden war sie an einem Hirnschlag gestorben. Johann Antoni machte sich grosse Vorwürfe dass er nicht früher den Arzt gerufen hatte und seine Frau starb während er in der Wirtsstube bei den Gästen sass.

Schnell entstanden in der Stadt Chur Gerüchte über die Todesursache. Woran war seine Frau gestorben? War sie gestürzt oder geschlagen worden? Es wurde gemunkelt das sie von ihrem Ehemann ermordet worden sei. Das Kriminalgericht der Siebner schalte sich ein und eröffnete ein Verfahren gegen Johann Antoni Terz. Das Gericht sprach mit mehreren Zeugen, konnte aber keine Hinweise auf eine Gewalteinwirkung finden. Nach Einschätzung von Dr. Köhl hatte Madlena einen Hirnschlag erlitten und war an dessen Folgen verstorben. Der Hirnschlag hatte sich in den Tagen und Wochen zuvor schon mit ähnlichen Symptomen angekündigt, Madlena sich aber jeweils schnell wieder erholt. Deshalb war Johann Antoni davon ausgegangen das es auch dieses Mal nichts schlimmes sei. Jedoch befand das Gericht dass Johann Antonis Verhalten fahrlässig gewesen war. Er hätte seiner Frau schneller helfen und ihr in ihren letzten Stunden beistehen sollen, auch Arzt oder andere Hilfe schneller Beiziehen sollen.

Das Gericht verurteilte ihn zur Übernahme der Gerichtskosten und zu 6 Tagen Gefängnis, welche ihm aber aus Gnade, und weil er sich einsichtig und reuig gezeigt hatte, erlassen wurde.

Johann Antoni hatte nun bereits 2 Ehefrauen und mehrere Kinder verloren. Er wohnte weiter im Weissen Ochsen und führte sein Wirtshaus weiter. Es ist nicht bekannt was mit seiner Tochter Elisabeth geschah. Vermutlich nahm sie die Familie Schwarz bei sich auf. Sie wird erst 1733 wieder erwähnt: «Wiese in Mannsmad auf klein Bruggerwyß als ein testamend von H[err] David Tertz ihrem H[err] großvatter darvon 1/3 dem kindt oder tochter der ersten ehe zuständig worden ist, laut verglich und 2/3 gebührt dem kindt oder söhnli der andern ehe».1 David Terz hatte also 1/3 einer Wiese auf dem Kleinbrugger Elisabeth vermacht.

Quellen:

1: Steuerbuch Q2, StAC AB III/F14.139.2.

2: Familienbuch Terz S. 6.4: 1715, Johann Antoni Terz tritt in die Schuhmacherzunft ein und wird Zunftschreiber

3: Familienbuch Terz S. 39.4: 15.5.1736, Umzug Ochsen

4: Familienbuch Terz S. 199.2: 29.2.1767, Todesfall Hercules Cadenat

5: Familienbuch Terz S. 106.2a: 29.6.1757, Persönlicher Eintrag, Predigt Bernhard Terz

6: Familienbuch Terz S. 167.2: 5.3.1764, Persönlicher Eintrag, Todesfall Johann Antoni Terz

40: Aus der Chronik von Pfarrer Terz in Chur, F. Pieth, 1903, Bündnerisches Monatsblatt, , S. 272, Heft 12

55: Chronik des Zunftschreiber Johann Antoni Terz, Johann Antoni Terz, 1727-1763, StAC N159.020, S5-100,

Seine 3te Familie

1722, 2 ½ Jahre nachdem seine Frau gestorben war, heiratete Johann Antoni Johanna Heim (1697–†1776), welche er schon länger kannte und die beim tödlichen Unfall seiner Frau auch im Haus anwesend gewesen war. Mit seiner Frau führte er das Wirtshaus zum weisen Ochsen.

Kinder des Johann Antoni Terz und der Johanna Heim:

  1. Elisabeth Ursina Terz (1724–†1728), starb in ihrem 5ten Lebensjahr.
  2. Luzi Terz (1726–†1728), starb im 3ten Lebensjahr.
  3. Johann Baptista Terz (1728–†1763) Chirurgus, ∞1757 Barbla Killias (1729–†), Tochter seines Nachbars Hans Peter Killias. Keine Nachkommen.
  4. Margret Terz (1730–†1797), starb nach langem Leiden und unter grossen Schmerzen an Magenkrebs. Sie scheint nicht geheiratet zu haben und wohnte mit ihrem Briuder Bernhard zusammen..
  5. Bernhart Terz (1732–†1812) Pfarrer und Religionslehrer. Wohnte mit seiner Schwester Margret in weissen Ochsen. Nach deren Tod ∞1798 Maria Catharina Christ (1768–†1838), Tochter von Bundesweibel Abundi Christ (1741–†1795) und der Barbara Bener. Keine Nachkommen.
  6. Johann Antoni Terz (1737–†1738), starb im ersten Lebensjahr.
  7. Sohn NN Terz (?–†1738)
  8. Luzi Terz (1740–†1764), Gastwirt. Starb mit 24 Jahren an den Kinderblattern.

1730 wurde Johann Antoni zum Zunftschreiber der Schuhmachzunft gewählt. Sein Cousins, Zunftmeister Bernhard Köhl, Oberzunftmeister Peter Reidt und Ratsherr Bernhard Cleric waren ebenfalls einflussreiche Mitglieder der Schuhmacherzunft und dürften bei der Wahl von Johann Antoni massgeblich einfluss genommen haben. Die Wahl fand im Zunfthaus hinter der spanischen Wand statt2. Dieses Amt sollte Johann Antoni dann 29 Jahre inne haben. Gleich im Haus neben dem weisen Ochsen, in der Pfisterei, wohnte nun seine Tante Anna Katharina, welche kurz zuvor den Hauptmann Christian Mattli geheiratet hatte. Seine Tante dürfte zusammen mit seiner Mutter eine wichtige Unterstützung gewesen sein. Die Familie Terz gehörte nun zu den wohlhabenden Familien in Chur. Seine Mutter besass 2 Weingärten, Baumgärten auf der Bruggerwies und an der Plessur, Hausteile am Prixinerhaus und am Paradieshaus sowie einen Garten am Kettbach.

Doch der Winter 1735/36 sollte dann wieder eine Zäsur bringen. Die Pocken wüteten in Chur und forderten viele Opfer, jung und alt. Auch sein Sohn Bernhard erkrankte an den Pocken, überstand diese aber. Weniger Glück hat Pfarrer Georg Soliva (74), Ehemann seiner Schwester Maria, wie auch seine geliebte Mutter. Sie starben beide innert weniger Monate an den Pocken. Seine Tochter Elisabeth, inwischen 24 Jahre alt, wohnte bei seinem Schwager Thomas Schwarz und half der Familie im Haushalt mit.

Johann Antoni hatte 1735 bereits das Haus und den Stall beim Ochsen abgekauft und erbte nun nun als einziger männlicher Erbe das gesamte Vermögen seiner Mutter. Nach dem Tod seiner Mutter zog Johann Antoni mit seiner Familie wieder in den Weissen Ochsen. Er vermerkt in seinem Familienbuch: «A[nn]o 1736. den 15. Mayen, Alß an einem Sammbßtag, Sind wir zu dem Ochsen gerobeth, Gott der Allmächtige gebe vnd Verleiche Vnß zu allem unserm vorhaben Seinen Heiligen Segen»3. Er scheint zuvor in einem anderen Haus gewohnt zu haben, evtl. um seine Mutter besser pflegen zu können.

Seine Frau Johanna schenkte ihm 7 Kinder, wovon 3 aber schon in den ersten Lebensjahren verstarben. Antoni führte mit seiner Frau den weissen Ochsen, schrioeb regelmässig Einträge in sein Familienbuch und traf sich jeden Morgen mit seinem Freund, Zunftmeister Hercules de Cadenat, für einen Schwatz[51]4. Cadenat wohnte gleich neben dem weissen Ochsen, im Wirtshaus zum Rebstock.

Seine Söhne machten ihm viel Freude. Johann Baptista, der Älteste, hatte eine Handwerkslehre bei einem Bader oder Barbier absolviert und arbeitete nun als Chirurgus. Ein Chirurgus im 18. Jahrhundert war ein Heilkundiger, der sich auf chirurgische Eingriffe spezialisiert hatte. Im Gegensatz zu akademischen Ärzten, die sich auf die medikamentöse Behandlung von Krankheiten konzentrierten, waren Chirurgi für die Durchführung von Operationen zuständig. Sie wurden auch als Wundärzte bezeichnet und waren auch oft beim Militär anzutreffen. Evtl. hatte er eine eigene Praxis. Die Hauptaufgabe der Wundärzte war neben dem damaligen Allheilmittel, dem Aderlass, die Versorgung äusserer Wunden. Johann Baptista kaufte 1756 von den Erben des verstorbenen Rudolf von Salis (1652-1735) eine Wohnung im Haus seines Vaters ab und heiratete kurz darauf Barbla Killias (1729-?), die Tochter des Nachbars Johann Georg Killias.

Sein Sohn Bernhard hatte das Collegium Philosophicum besucht und 1753 sein Theologiestudium in Bern begonnen, welches er 1757 in Basel erfolgreich abschoss. Im gleichen Jahr wurde er in Filisur in die Synode. Johann Antoni war sehr stolz als sein Sohn in der St. Martinskirche die Hauptpredigt halten durfte und seine erste Taufe durchführte. Johann Antoni notierte in seinem Familienbuch: «Anno 1757. 29. Juny, Hatt der Sohnn Bernhardt, Vor St. Martin für Ihro Erwürden Herr Antistes Grest die Haupt Predig gehalten. Alß das Ersteren mahl Vnd Hatt den Tecst gehabt im Evangellio St. Lucaß dem 13: Capitel am 24. Vers. NB hatt auch dato dem Herr Ratsbodt Peter Jeglin ein Söhnlin getaufft nammenß Hanß Jacob, NB wahre das erst Kindt so er getaufft hatt.»5 Auch Bernhard dürfte nach seiner Rückkehr aus Basel wieder im weissen Ochsen gewohnt haben.

Seine Tochter Margreth und ein dritter Sohn, Luzi, arbeitete im Wirtshaus des Vaters mit. Letzterer sollte dieses dann auch von ihm übernehmen.

Weitere Infos

Die Nachbarschaft am Ochsenbrunnen

Der Ochsenplatz mit dem Ochsenbrunnen war in Chur ein wichtiger Ort. Über die Obertorbrücke und durch das Obertor trafen hier jeden Tag Säumer, Händler und andere Reisende ein. Sie tränkten am Ochsenbrunnen ihre Pferde, tranken in einer der Wirtschaften einen Becher Wein, übernachteten, reparierten ihre Wagen und reisten weiter. Die Familien, die hier wohnten, lebten von den Reisenden und boten verschiedenste Dienstleistungen an. Direkt am Ochsenplatz betrieb die Familie Killias eine Schmiede. Im Rebstock, im goldenen Schlüssel und im weissen Ochsen verpflegten sich die hungrigen Gäste. Der Weisse Ochsen hatte auch mehrere Gästezimmer, in welchen sie sich erholen konnten. Oder sie kauften sich im Haus zur Pfisterei Brot und andere Lebensmittel. Gleich neben dem Obertor befand sich eine Apotheke, welche allerlei Heilmittel verkaufte. Und natürlich wohnte der Torwächter auch hier. Diese Funktion wurde über viele Generationen von der Familie Bener übernommen, welche im Haus Nr. 218 wohnte. Ab 1732 übernahm dann Johann Antoni Terz dieses Amt. Beim Obertor wohnte auch Zoller Andreas Bener, welche die von der Stadt Chur erhobenen Zölle eintrieb. Sein Vater war auch Brunnenvogt des Ochsenbrunnens gewesen.

Die Bewohner am Ochsenplatz verbrachten hier oft ihr ganzes Leben und kannten sich von klein auf. Auch die Familie Terz war hier bestens vernetzt. Johann Antoni traf sich jeden Morgen mit seinem Freund, Zunftmeister Herkules de Cadenat, für einen Schwatz. Cadenat wohnte gleich neben dem Weissen Ochsen, im Wirtshaus zum Rebstock. Dort wohnte auch Johann Antonis Schwester Elisabeth, welche Paulus Paravicini geheiratet hatte. Auf der anderen Seite des Ochsenplatz wohnte die Familie Killias welche hier mehrere Wohnungen besassen. Gleich nebenan, im Pfisterhaus, lebte seine Tante, Anna Katharina Köhl, mit ihrem Ehemann, Hauptmann Christian Mattli. Nach seinem Tod 1735 kümmerte sich die Familie Terz um sie bis zu ihrem Ableben 1748. Später wohnte hier sein Vetter, Hauptmann Christian Mattli (1704-†1785), welcher 1757 seinen Hausteil an Zunftmeister Johann Bavier verkaufte.

Der Weisse Ochsen hatte aber nicht nur Gästezimmer und eine Weinschenke, die Terzens vermieteten auch einen grossen Raum welcher für Feste, Hochzeiten, Taufessen und andere Anlässe genutzt werden konnte. Manchmal ging es auch laut zu und her, was dann halt auch mal zu Beschwerden der Nachbarn führte.

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Obertorer Platz mit Ochsenbrunnen. Um 1900 (StAC)


Die grosse Überschwemmung von 1762

Am 28. Juni 1762 begann es in Chur heftig zu regnen. Nach 2 Tagen Dauerregen trat die Plessur über die Ufer und verwüstete Chur. Die Metzger- und Obertorer Brücke wurden weggerissen. Auch das Zollhaus und die Rot-Gerbe des Zunftmeister Johannes Bavier wurden vollständig zerstört. Auch das Obere Tor und das daran angebaute Haus der Frau Elisabeth Davaser waren gefährdet. So musste die Familie Terz ihr Haus am Ochsenplatz evakuieren. Der ganze Hausrat wurde auf einen Ochsenkarren gepackt und beim weissen Kreuz in Sicherheit gebracht. Antoni hatte Glück und sein Haus blieb verschont. Doch der durch die wütenden Wassermassen verursachte Schaden war enorm. Die Stadt war für mehrere Tage kaum mehr zugänglich und schnell wurden erste Provisorien erstellt damit die Handelsgüter wieder in die Stadt geführt werden konnten. Da auch das Zollhaus zerstört worden war wurde das Haus des Herrn Schmid beim Obertor zum Zollhaus gemacht und Simeon Danuser zog dort als Zoller ein.

Doch es sollte nicht der letzte Schicksalsschlag für Johann Antoni sein. 1763 starb sein geliebter Sohn Johann Baptista, nachdem er mehrere Wochen an einem starken Katarrh und Fieber gelitten hatte. Dessen Frau blieb kinderlos als Witwe zurück. Antonis Kräft schwanden nun und am 2. Februar 1764 verfasste er mit zittriger Hand einen letzten Eintrag in seinem Familienbuch. 1 Monat später starb Johann Antoni in seinem Haus am Ochsenplatz. Sein Sohn Luzi schrieb in seines Vaters Familienbuch: «1764 den 5 her Mertzen ist mein lieber Vatter Johann Antonj Terz in dem 76. Jahr seines Alters gestorben u[nd] den 7. drauf begraben worden und hat ihme Leichtpredig gehalten Ihr wohl Ehrwürd[en] Herr Antistes Grest und Hat Ihme den Texst gehabt in der Epistel St[.] Paulj an die Corinther dem 2 Capitel und der 2 Vers[: «] dann Ich gabe mich nicht aus[,] under eüch etwas Zu wissen, dann nur Jesum Christum (den gekreuzigten)».6

Weitere 5 Monate später starb auch sein Sohn Luzi an den Kinderblattern. Seine Ehefrau, Johanna Heim, sollte ihren Ehemann um 12 Jahre überleben. Sie starb 1776 in ihrem Heim.

Auch wenn 4 seiner Kinder das Erwachsenalter erreichten, so sollte keines seiner Kinder Nachkommen haben. Mit seinem Sohn Bernhard Terz starb das Churer Geschlecht der Terz aus.

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Obertor mit der Obertorer Brücke. Um 1830 (Aquatinta nach W. R. Scheuchzer)


Die Terzsche Chronik

1728 begann Johann Antoni Terz eine Chronik niederzuschreiben. Er notierte von nun an minutios verschiedene, für ihn wichtige, Ereignisse. Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen seiner zahlreichen Verwandten, Bekannten und Zunftbrüdern. Und von denen gab es ja zahlreiche. Auch vermerkte er aktuelle Ereignisse wie Wahlen, politische Veränderungen, Hinrichtungen, Feuersbrünste, Überschwemmungen, Stürme und sogar wenn ein Komet am Himmel sichtbar war.[50]

Johann Antoni führte diese mehrere hundert Seiten umfassende Familienbuch bis zu seinem Tod im Jahr 1764. Sein Sohn Luzi führte nun, wohl auf Wunsch seines Vaters, das Familienbuch weiter. Doch im gleichen Jahr sollte auch Luzi starben. Sein Bruder Bernhard Terz (1732–†1812), welcher am Collegium Chur sowie in Basel und Zürich Theologie studiert hatte und seit 1757 als Pfarrer und Religionslehrer amtete, Führte nun das Familienbuch seines Vaters bis 1811 weiter. Dieses Familienbuch gibt einen einzigartigen Einblick in das Leben von Johann Antoni, seinem Sohn Bernhard Terz sowie Ereignissen in Chur über einen Grossteil des 17ten Jahrhunderts.

Nach dem Tod von Pfarrer Bernhard Terz gelnag das Buch vermutlich in den Besitz der Familie Christ. In den nächsten Jahrzehnten ergänzten oder kommentierten mehrere Bearbeiter das Famileinbuch. 1880 wurden im Bündner Tagblatt im Feuilleton-Teil Auszüge dieses Buches publiziert. Der Publizierende wurde dabei aber nicht erwähnt. Der Historiker und Kantonsbibliothekar Friedrich Pieth zitierte diese Inhalte 1903 im Bündner Monatsblatt. Das originale Buch galt als verschollen. 2017 erstand der Churer Stadtarchivar, Dr. Ulf Wendler, dieses Familienbuch in einem Antiquariat. So gelangte dieses einzigartige Familienbuch in den Besitz des Stadtarchiv Chur.

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Chronik Johann Anthoni Terz (1727, Stac StAC N159.020)


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Chronik Johann Anthoni Terz (1727, Stac StAC N159.020)



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